APOCALYPTICA – Drei Cell-0´s gegen Sabine (Düsseldorf – 10.02.2020)

Wenn andere Bands auf großer Stadiontour unterwegs sind, wird an einem Day-Off für gewöhnlich die Wäsche gewaschen, die Umgebung und umstehende Kneipen unsicher gemacht oder einfach einmal richtig ausgeschlafen. Aber die sympatischen Finnen von APOCALYPTICA sind ja eh eine musikalische Schublade für sich und nutzen ihren Day-Off, um im Düsseldorfer ZAKK ihr neuestes Werk „Cell-0“ in voller Länge erstmals dem Publikum zu präsentieren!

​Glücklicherweise waren die Cello-Rocker mit einem Tourbus unterwegs, denn mit öffentlichen Verkehrsmitteln wäre der Auftritt wohl ins kübelweise von oben kommende Wasser gefallen. Der Wintersturm „Sabine“ hatte zu diesem Zeitpunkt auch das Rheinland fest im Griff. In der ausverkauften Veranstaltung auf Facebook wurden viele E-Tickets noch zum Verkauf angeboten, da die Besitzer aufgrund der Wetterlage von einer Anreise absahen. Auch wir haben uns in der Wartezeit vor den geschlossenen Türen lieber an einen Südseestrand gewünscht, anstatt kalten Wind mit Regen um die Ohren gepeitscht zu bekommen. Aber die Aussichten auf das kommende Konzertereignis hat uns draußen mehr oder minder geduldig ausharren lassen. Zumindest kamen wir zu dem Schluss, falls wir noch eine Tochter auf die Welt bringen sollten – wir werden sie nicht Sabine nennen! Zwar öffneten die Türen zur Location später als angegeben, aber die paar Minuten haben im Endeffekt nicht mehr viel ausgemacht, vielmehr galt es, den Countdown zur aufziehenden Erkältung bestmöglich zu genießen.

Das ZAKK füllte sich sehr schnell mit Fans aus Nah und Fern, denn eine exklusive Album-Releaseshow in deutschen Landen zieht auch von außerhalb viele Anhänger an, denen es auch egal ist, dass der Montag für gewöhnlich der undankbarste aller Wochentage für eine Veranstaltung ist. Umso dankbarer war das Publikum, als die Cello-Rocker pünktlich um 20:00 Uhr die Bühne betraten, um erst einmal sich und ihre Gedanken um ihr neuestes Werk vorzustellen. Gründungsmitglied, Eicca Toppinen, erklärte direkt, dass die Band sehr nervös sei, nun zum ersten Mal „Cell-0“ in voller Länge zu spielen. Einige Songs hatten sich schon auf der laufenden Tour mit SABATON live bewährt, aber eine Premiere lässt auch in gestandenen Musikern das Lampenfieber erwachen. Die Ansage der Finnen war gespickt mit vielen Witzen des typisch trockenen finnischen Humors und das herzliche Lachen des Publikums nahm der Band sichtlich die Bedenken und Nervosität.

Nach einem letzten Durchatmen und Konzentration sammeln, legten APOCALYPTICA dann mit ‚Ashes of a modern world‘ los. Der Song, der schon vor vier Monaten als Vorab-Single veröffentlicht wurde, legt den Grundstein zum neuen Album, mit dem die Sibelius-Absolventen ihre Grenzen ausloten wollten. Die getragene Songstruktur, die nur darauf wartet, auszubrechen, aber stark gezügelt nach vorne prescht, um in einer infernalen Explosion zu gipfeln, die scheint, als würde sie sämtliche Struktur des Songs wie ein schwarzes Loch unkontrolliert wirbelnd in sich aufsaugen, um wie der Phönix aus der Asche wieder zu sich zurück zu finden und im gleichen Tempo, wie zu Anfang, mit majestätischer Anmut das Hauptthema kontrolliert abzuschließen. Auch mit dem albumgetitelten Song ‚Cell-0‘ zeigen APOCALYPTICA neue Songstrukturen in ihren Kompositionen. Das neue Album ist seit 17 Jahren das erste, das komplett instrumental orientiert ist und das Songwriting zurück auf den puren Klang der Celli fokussiert, ohne den Hintergedanken auf eine Umsetzung mit Gesang einspielen zu lassen. ‚Rise‘ beginnt mit einer träumerischen Melodie, die dazu einlädt, einfach die Augen zu schließen und sich der Musik hinzugeben. Dabei lohnte es sich, die Augen geöffnet zu halten, denn das digital projektierte Backdrop ließ die Bühne und Musiker immer wieder in einem neuen Licht- und Farbenspiel erstrahlen. Auch ‚En Route to Mayhem‘ zeigt auf, dass die Finnen mit dem neuen Album expressionistischer und intensiver an das neue Album herangegangen sind, als auf den Vorgängeralben und auf eine vielschichtige Weise erwachsen gereift klingen. Und so ergreift das Publikum nicht nur ein Hauch der Melancholie, als mit ‚Beyond the Stars‘ der letzte Song des Albums das Set des Abends beschließen sollte. Denn die Darbietung der finnischen Virtuosen sorgte nicht nur für Gänsehautmomente, auch selige Dankbarkeit und weltentrückte Blicke waren den Gesichtern der Fans zu entnehmen. Tosender Applaus war der Dank für diese wahrlich beeindruckende Darbietung, die aufgrund der Clubgröße jedoch auch eine angenehme Intimität mit der Band verspüren ließ.

Wie zu erwarten, ließen es sich APOCALYPTICA nicht nehmen, nochmals für Zugaben auf die Bühne zu kommen und nun war ihnen deutlich anzumerken, dass ihre Spannung aufgrund der gelungenen Live-Premiere zu ‚Cell-0‘ angefallen ist und präsentierten gut gelaunt ihre Zugaben, wo der Metallica-Klassiker ‚Seek & Destroy‘ nicht fehlen durfte, der aus vielen Kehlen mitgesungen wurde. Auch ‚Hall of the Mountain King‘ von Edvard Grieg zeigte eindrucksvoll, dass APOCALYPTICA nicht nur Songs ihrer Lieblingsmetalbands neu zu interpretieren vermögen, sondern auch Altmeister der zeitgenössischen Klassik. Zum finalen Abschluss wurde heiß ersehnt Metallicas ‚Nothing else matters‘ zelebriert und hier hat wohl der eine oder andere gehofft, dass das Publikum zur Ausnahme einfach mal den Song genießen konnte, ohne dazu selbst gesanglich tätig zu werden (in unserem Falle hat die Nachbarin vergessen, die Saiten ihrer Stimmbänder vorab zu stimmen…). In verzückt euphorischer Stimmung haben wir nach dem Auftritt das ZAKK verlassen, um direkt von „Sabine“ wieder in Empfang genommen zu werden. Der kalte Regen, der uns auf dem Weg zum Auto bis auf die Haut nass werden lies, konnte unsere Stimmung nicht mehr nehmen, und dieser Auftritt von APOCALYPTICA ist die bevorstehende Erkältung definitiv wert gewesen!

Berichterstattung: Ulrike Depfenhardt 

PhotoCredit: Andrea Da Silva Nolasco 

 

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